Effizienz Edition AJ 75DE

Chronik V

Aikidojournal Interview

Warum sind Aikido-Techniken effizient?

Immer wieder wird in verschiedenen Foren auf dem Web diskutiert, ob Aikido eine „wirkliche“ Kampfkunst ist. Ein Aspekt davon ist die Frage, sind Aikido-Techniken effizient? In diesem Beitrag gehe ich auf beide Fragen ein und entwickle dann ein paar Ideen, warum Aikido-Techniken effizient sind. Der Begründer des modernen Aikido, Ueshiba Morihei, war zu seiner Zeit ein berühmter Kampfkünstler, weil er sehr überzeugend, eindrücklich, effizient und elegant mit Angriffen umgehen konnte. Schaut man sich Filmdokumente von seinen Demonstrationen an, dann besteht kein Zweifel, dass seine Kunst und seine Meisterschaft für den echten Kampf gedacht waren. Die vielen Berichte von seinen direkten Schülern, wie sie z.B. in Interviews von Stanley Pranin festgehalten wurden, zeugen ebenfalls davon, dass O-Sensei ein begnadeter Meister in den Kampfkünsten war. Wer ihn angriff, musste mit Allem rechnen.

Nach eigenem Zeugnis und belegt durch die historischen Arbeiten von Stanley Pranin wissen wir, dass die meisten Techniken des modernen Aikido aus der Daito-ryu Aiki-Jujutsu kommen, welche ebenfalls bis heute in ungebrochener Tradition gelehrt wird. Schaut man sich Filme von Demonstrationen von Kondo Sensei an, dann wird das ganz offensichtlich. Aber es werden auch Unterschiede deutlich. In der Daito-ryu geht es martialischer zu. Damit meine ich, dass der Effekt einer Technik viel deutlicher sichtbar wird als in den entsprechenden Techniken des modernen Aikido. Es ist für mein Gefühl so, dass in der Daito-ryu das Aggressive und Zerstörerische einer Technik ganz offen zu Tage liegt, während dies im Aikido „verpackt“ ist ein den typischen „runden“, kreis- und spiralförmigen Bewegungen. Es ist, als ob in der Daito-ryu das tödliche Schwert deutlich zu sehen ist, während es im Aikido ein- oder verhüllt ist. Es blitzt nur auf, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, als wirklich zu schneiden.

Daito-ryu wird üblicherweise als traditionelle Kampfkunst angesehen, ähnlich z.B. zu Katori Shinto ryu, und insofern wird gar nicht in Zweifel gezogen, dass die dort gelehrten und tradierten Techniken effizient sind. Jeder erfahrene Kampfkünstler kann unmittelbar sehen, dass diese Techniken, wenn es gelingt sie ein zu setzen, sehr effizient sind. Die Biomechanik zusammen mit der Dynamik der jeweiligen Technik, wie z.B. Ikkyo (ich verwende die Bezeichnungen aus dem Aikido und nicht aus der Daito-ryu), führen zwingend zur Projektion des Anderen (Uke) bäuchlings auf den Boden. Kein anderer Ausgang ist denkbar. Aber wie sieht das im Aikido aus?

Mein Eindruck ist, dass Ikkyo im Aikido lässiger, entspannter wirkt. Schaut man sich Videos von entsprechenden Demonstration von Endo sensei, Shimamoto sensei oder Watanabe sensei an, dann sieht die Bewegung gerade zu leicht, irgendwie schwebend aus. Dem Angriff wird das Zerstörerische dadurch genommen, dass dem gerade das „Nicht-Zerstörerische“ zugefügt wird. Alle von uns, die bei den genannten oder vergleichbaren anderen Meistern, die immer noch sehr häufig Schüler von Osensei gewesen sind, Uke gewesen sind, berichten übereinstimmend folgendes: Je stärker der Angriff desto nachdrücklicher aber auch weicher wirkte die angewandte Technik auf sie.

Das scheint ein Widerspruch zu sein, denn üblicherweise denkt man und sieht man auch in vielen Kampfkünsten und auch bei nicht wenigen, die Aikido praktizieren, je härter und schneller der Angriff, desto härter und schneller die Antwort. Das sehen und (immer noch) erleben können, ist gegensätzlich: Je härter und effizienter der Angriff, desto weicher und scheinbar schwächer ist die Antwort. Das verwirrt erfahrene Kampfkünstler (und insbesondere Kampfsportler), weil es so ganz gegen die eigene Erfahrung und Praxis spricht. Umso mehr noch beim allgemeinen Publikum, die mit Kampfszenen oft künstlich dramatisierte Bewegungsabläufe


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