Kirsten van Well aus

… fand ich im vorweihnachtlich illuminierten Neuwied.

Kirsten liest im AJ
Kirsten liest im AJ

Ein europäisches Mädchen verbrachte seine Kindheit in Japan – für Kinder ist es nicht schwer, sich in anderen Kulturen zurecht zu finden‘ – die Unbefangenheit und die Neugierde  der Kinder lässt die Grenzen der großen Kinder, die Erwachsen genannt werden, hinwegschweben. Ihr Vater aber – er arbeitete im auswärtigen Staatsdienst – musste nach einigen Jahren in ein anderes Land… So waren diese jungen Jahre nicht so prägend, die Sprache ‚behielt’ sie nicht und die Erinnerungen sind schwammig. Aber der Kimono, der blieb ihr …

Heute leitet ‚dieses Mädchen‘ in Neuwied eine Schule, in der sie das japanische Aikido anbietet, aber auch andere Methoden, die dem Stress geplagten Menschen zur Regenerierung dienend.


 


 


Kirsten, was ist die Franklin-Methode?

Hmm, eine schö
ne erste Frage. Aber ich meine, gesehen zu haben, dass Du über die Franklin-Methode in einer Ausgabe schon einmal etwas geschrieben hast?

Nein, es wurde ein Artikel eingereicht, diesen hatte eine Hebamme geschrieben.

Du sollst in der Franklin-Methode Deine Anatomie spürbar werden lassen, es wird mit Visualisierung gearbeitet. Das heißt, Du erarbeitest mit „inneren Bildern“ einen Dialog zu Deinem eigenen Körper. So wenn Du Dir zum Beispiel diesen Raum anschaust, ihn wahrnimmst – dies ermöglicht es Dir darüber eine Aussage zu machen. Dieses über Deinen eigenen Körper zu tun, wird Dir möglicherweise unendlich viel schwerer fallen – wie sind die Rippen, wie sind die Organe angeordnet, wie funktioniert die Wirbelsäule … dazu einen Zugang zu finden, das ist für viele Menschen sehr schwer. Diese Zusammenhänge machten mich sehr neugierig. So stand auch ich dann vor der Frage, wie funktioniert dieser Körper.

Da ich kein Medizinstudium absolvieren wollte, musste ich es erfahren, denn nur die gespürte Erfahrung ermöglicht mir eine Weitergabe – ich wollte ja keine Vorträge halten. Ich bilde mir ein, eine gute körperbezogene Intuition zu haben, aber mein wahres Wissen darüber war mangelhaft – ja das wurmte mich. Mit der Franklin-Methode fand ich ein Lehrsystem mit dem ich gerne lernte. Trotzdem musste ich mich zur Ausbildung bei einer Bewegungspädagogin für drei Jahre in der Schweiz aufhalten. Heute bin ich darüber sehr froh, denn dort wurde ich nicht nur mit Wissen überlastet, sondern mit den funktionalen Kenntnissen über unseren Körper – so erlangte ich ein sicheres Bild über die Zusammenspiele in unserem Körper. Diese Grundlage ermöglicht mir ein klares Unterrichten. Ich hatte zwar in meinem Sportstudium ein Teil-Fach, das sich Sportmedizin nannte, dies interessierte mich zu der damaligen Zeit überhaupt nicht – es war mir zu weit weg vom Mensch, rein theoretisch, trocken … Wie Zahlen, zu trocken. Dagegen war die Ausbildung in der Schweiz fundamental und gesamtumfassend. Es passte zu mir. In der Ausbildung war ich mit allem entspannter, lockerer, belastbarer … ich meine es hat mit dieser Körpererfahrung, die ich in dieser Ausbildung erfuhr, zutun. 

Und die Visualisierung?

Dies läuft auf verschiedenen Ebenen – es kann auch ein Bild sein … eine sinnliche Wahrnehmung. Ich sehe zum Beispiel die Wirbelsäule, vom Körpermittelpunkt geht ein Wasserstrahl in die Höhe, oben auf dem Wasserstrahl springt ein Tischtennisball – dies gibt mir eine Ausrichtung. Weiter stelle ich mir vor, dass am meinem Steißbein ein Gewicht hängt. Diese gibt mir die nötige Verbindung zwischen Himmel und Erde, für meine vertikale Aufrichtung.
Dies sind Bilder die im Moment entstehen, wenn der Dialog mit dem Körper aufgebaut ist. Das dauert zwar eine Weile, es ist aber sehr spannend in der Arbeit mit Menschen zu sehen, wie jeder sein eigenes, verschiedenartiges Bild aufbaut – es können auch akustische Bilder sein, oder Gerüche.
Es lebt – es ist nie gleich. Die Sinneserfahrungen werden dann mit dem Körper verbunden – die Sinne sind das Tor zum Körper. Erst dann verbinde ich die Körpererfahrung mit Wissen.

Im Sportstudium wurde nie über Organe gesprochen. Im Gesamtbild des Menschen aber nehmen die Organe einen äußerst wichtigen Platz ein. Sie haben eine andere Qualität. Die Muskeln haben eher etwas Schwertmäßiges, eine Gerichtetheit. Dagegen haben die Organe etwas Meditatives – etwas Aufnehmendes. Diese unterschiedlichen Qualitäten zu kennen, erlaubt mir eine neuartige Verbindung zu meinen Körper aufzunehmen. Hmm, ich rede einfach so drauflos …
Die Franklin-Methode biete ich eigentlich für Gruppen an, interessanterweise aber kommen nur Menschen, die an einem Einzelunterricht interessiert sind. Das wundert mich etwas. Aber warum nicht. Es ist ein neuer Anfang, hier in diesen neuen Räumen.

In naher Zukunft möchte ich an Wochenenden auch noch „kontemplatives Tanzen“ anbieten – vielleicht nenne ich es auch „Stille bewegt“ – Meditation und freie Bewegung ist das Ziel.

Wie kann ich mir einen solchen Abend vorstellen, in dem Du Franklin-Methode anbietest? Was vermittelst Du?

Wohlgefühl, durch die Erfahrung – im Körper zu Hause sein. So als würde man mit seinem Körper eine Freundschaft schließen.
Ich spüre, um ein Beispiel zu benennen, dort ist etwas nicht in Ordnung – hier habe ich heute eine Verspannung.  Ich lerne wie ich damit umgehen kann. Ich werde durch den Unterricht mein eigener Therapeut, ich muss nicht gleich zum Arzt laufen….

Im Unterricht vermittele ich Methoden, so dass der Teilnehmer lernt sich selbst zu helfen, sich selbst kennen lernt. Die Franklin-Methode ist „alltagstauglich“, nichts Abgehobenes.

Ist der Ablauf erklärbar?

Das hängt von der Person ab. Zu Beginn mache ich eine Einführung, ein wenig Theorie; danach kommt Partnerarbeit – geht es um Berührung. Dazu verwende ich manchmal auch einen Anatomieatlas, oder ein Skelett. Dadurch kann ich auch jedem Laien visuell vermitteln, wie ein Schulterblatt, ein Gelenk oder die Hüfte ausschaut und wie dies funktioniert. Da erzähle ich vielleicht, dass das früher unsere Flügel waren und jetzt sind wir Menschen. (Kirsten bricht in lautes Lachen aus)

AJ: Ich strecke Kirsten die Innenseite meines verneinenden Zeigefingers entgegen.
Darf ich fragen, warum der Zeigefinger?

Weil wir fünf und nicht drei Zehen, wie die Dinosaurier und deren Nachkommen die Vögel haben. Jetzt habe ich dich aber unterbrochen…

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