Gespräch mit Herlmut Weiß aus Aachen.

»Ich möchte mich gerne anmelden«! »Ja, wozu möchten Sie sich denn anmelden?« »Ich weiss nicht, was die da machen, aber ich möchte mich anmelden!« So hörte ich das Wort »Aikido«


Helmut Weiß liest im Aikidojournal.

Helmut Weiß, die schrecklich traditionelle Frage, sie muss kommen. Wie verlief, bzw. verläuft Deine Aikido-Geschichte?

Das fing 1973 an. Ich arbeitete und lebte in Köln. Eines Tages, ich war unterwegs, um Einkäufe zu erledigen, da führte mich mein Weg durch die Ehrenstrasse in Köln. So kam ich an dem alten, mir unbekannten Bushido-Dojo vorbei, und meine Neugierde trieb mich hinein. So sah ich Meister Asai unterrichten. Ich hatte keine Ahnung, was er da tat und machte, ich schaute lange gebannt zu und was ich da sah, faszinierte mich.

Nach einer Weile ging ich dann zu dem Tresen im Eingangsbereich und sagte zu dem Herrn dahinter: »Ich möchte mich gerne anmelden«! »Ja, wozu möchten Sie sich denn anmelden?« »Ich weiss nicht, was die da machen, dazu möchte ich mich anmelden!« Und so hörte ich das Wort »Aikido« zum ersten Mal in meinem Leben.

So bin ich zum Aikido gekommen und so bin ich auch dabei geblieben, bis heute. Mein Leben ist von Aikido ausgefüllt, und ich lebe auch davon.


Wann und wie bist Du nach Aachen gekommen?

Ich arbeitete in einem Krankenhaus, ich war von Beruf Krankenpfleger. Da hat man sehr viel Schichtdienst und dazu natürlich auch noch Wochenenddienst. Was zur Folge hat, dass ewige Kämpfe ausgeführt werden müssen, wenn man mal frei haben wollte. Nach sieben Jahren des Kampfes hatte ich es satt und das Glück, ein Angebot aus der freien Wirtschaft zu haben: also kein Schichtdienst, kein Wochenenddienst... Das nahm ich an.

Allerdings sollte ich dann zum Wehrdienst eingezogen werden, was ich mit dem Geist des Aikido verhindern konnte. So kam ich in Folge des Zivildienstes nach Bad Münster Eifel in ein Seniorenheim. Nach kurzer Zeit wurde ich zum Zivildienstsprecher gewählt. So gehörte bald Schwimmen, Sauna und Aikido zum Dienstsport. Gleichzeitig war ein anderer Zivildienstler dort, mit dem ich mich anfreundete. Da er aus Aachen war, kam es des öfteren vor, dass er mich mitnahm in diese schöne Stadt, die mir immer mehr gefiel. In Aachen gab es damals kein Aikido. So liess ich mich dann zum Deutschen Roten Kreuz nach Aachen versetzen und beendete dort meinen Zivildienst. So begann ich 1980 in einer Halle vom Deutschen Roten Kreuz Aikido für einige Interessierte zu unterrichten.

Da die Gruppe schnell wuchs, begann ich mich in Aachen nach einem Dojo, einer Halle oder Einrichtung umzuschauen. Aber alles was ich fand, fand ich abschreckend und unschön, nicht passend.

Gleichzeitig hatte Hatayama Sensei, der Assistent von Meister Asai, in Düren eine Gruppe. Der Leiter dieser Gruppe kannte den 1. Vorsitzenden des Aachener Judoklubs, Hiarn Schwarz. So bekam ich dessen Telefonnummer..., und als er hörte, dass ich ein 1. Dan von Meister Asai war, war er total begeistert und so bekam ich gleich eine städtische Halle zur Verfügung gestellt, in der auch Judo unterrichtet wurde.

Es begann mit einem Trainingsabend in der Woche und innerhalb von drei Jahren hatte ich, das war 1984/85, 200 Schüler.


Das war dann aber ein Verein?

Ja, der Aachener-Judo-Klub. Ich bin dann immer mit meiner Frau von Köln mit dem Zug nach Aachen zum Training gefahren.

Ja, dann kam es zu einigen unschönen Dingen seitens des Aachener-Judo-Klubs, so dass es 1985 zur Spaltung kam und ich mein eigenes Dojo eröffnete.


War es schwierig, die entsprechende Räumlichkeit zu finden?

Ich hielt einen Krisenstab mit »meinen Leuten« ab, einige bemühten sich, eine städtische Halle zu bekommen, aber gleichzeitig machte ich mich auch mit einem meiner besten Schüler auf die Suche, und fand innerhalb von zwei Wochen das, was ich mir vorgestellt habe. So haben wir quasi »übers Wochenende« das Dojo eröffnet.


Das Dojo war nicht hier in diesen Räumen?

Nein, aber ziemlich zentral, am Rande des Stadtkernes. Mit 200 m2 Mattenfläche und sehr vielen Räumlichkeiten, es war sehr grosszügig, eine Etage in einem alten Fabrikgelände. So konnte ich mir neben den Dojoräumen auch meine Wohnung einrichten. Ideal.


Sind Dir alle Schüler gefolgt?

Im Judo-Klub – eben ein Verein – wurde nur »ein Apfel und ein Ei« an Beitrag erhoben. Nun aber, in einem »Privat-Dojo« waren andere Beiträge fällig, so konnten sich z.B. Studenten diesen Beitrag nicht mehr leisten. Ich aber musste ja die Miete und sonstige Kosten irgendwie aufbringen. So hatte ich auch den ersten Mietvertrag vorsichtshalber nur auf zwei Jahre, und dann, als ich sah, dass es lief, den zweiten Vertag auf weitere zehn Jahre abgeschlossen.

Ich meine mich zu erinnern, dass es ca. 45 Schüler waren, die damals mitgingen, und Tatkräftig das alte Fabrikgebäude saniert halfen. Zum Glück hatte ich ja eine Arbeitsstelle, so konnte ich den ganzen Lohn mit samt Weihnachtsgeld investieren.

Meister Asai kam im Winter 1985/86 zu einem Eröffnungslehrgang, obwohl weder Heizung noch Warmwasser installiert war. Sein Training war den winterlichen Temperaturen angepasst, so dass die anschliessende kalte Dusche trotz allem wohl tat.
Einige meiner Schüler haben geweint, als wir nach ca. 15 Jahren aus dem »alten Dojo« raus mussten. Viele hängen dem »alten Dojo« noch heute nach.

Die, die hier in diesem Dojo anfangen und »das Alte« eben nicht kennen, die verstehen das teilweise nicht. Aber ein Dojo ist ja mehr als ein zweites Zuhause für viele Schüler. Aber nicht nur für die Schüler, ich entwickle mich ja auch mit meinen Schülern. Und man hat nicht wenige, die folgen einem mehr als zwanzig Jahre.

Das ist wunderschön, das ist ein sehr gutes Gefühl.

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