Interveiw mit Dorin Marchis aus Cluj in Rumanie.

…meine Arbeit in einer Sicherheitsfirma und Aikido waren philosophisch gesehen nicht sehr kompatibel


Dorin Marchis in seinem Büro in Cluj/Rumämien.

Vielen Dank für Ihre Bereitschaft uns zu empfangen. Ich möchte Sie nach ihrem Aikidolebenslauf fragen. Wissen Sie noch, warum Sie mit Aikido begonnen haben?

1983 begann ich mit Karate, genauer mit Shotokan Karate, denn nur das wurde damals in Rumänien »angeboten«. Ich praktizierte das acht Jahre, bis 1991, also bis nach der Revolution. Danach ging ich als Student nach Deutschland und arbeitete. Dort sah ich zum ersten Mal Aikido.


Wo war das?

In Nürnberg, aber fragen Sie mich bitte nicht, wer der Lehrer war, das weiß ich wirklich nicht mehr. Auch mein Karatelehrer war sehr begeistert vom Aikido und gab mit zwei Bücher von K. Tohei, die ich verschlungen habe. So kam die Idee auf, Aikido und Karate parallel zu praktizieren, was ich dann auch für ca. zwei Jahre tat, also bis 1993. Das aber funktionierte alles allein mit Hilfe von Büchern und Videokassetten. Mein Karatelehrer ist dann weggezogen, rief mich aber eines Tages an und verkündete mir, dass es in Busteni einen Aikidolehrgang mit japanischen Meistern geben würde. Mir war bis dato nur bekannt, dass Herr Ionescu aus Bukarest Aikido anbot. Nun kam für mich die große Frage, ob ich es mir leisten konnte nach Busteni zu fahren, denn ich arbeitete zu dem damaligen Zeitpunkt nicht, und es war eine schwierige Situation. Aber meine Frau war schließlich ausschlaggebend; sie sagte: »Komm, lass ins hinfahren.«

In Busteni angekommen, traf ich im Dojo Sensei Baccas (verstorben im Februar 2006) und Sensei Fujita. Ich sagte Ihnen, dass ich aus Cluj sei und vom Aikido begeistert sei… Sie luden mich dann ein, nach dem Training in ihr Hotel zu gehen, um dort gemeinsam zu essen. Weil ich mich aber in Busteni nicht auskannte, kam ich verspätet zu dem Treffen, so dass es nur noch zwei oder drei freie Plätze am Tisch gab, die sich genau gegenüber der Senseis Baccas und Fujita befanden. Ich entschuldigte mich für die Verspätung, und Sensei Baccas fragte mich sogleich, seit wann ich den schwarzen Gürtel im Aikido hätte. Ich antwortete: »Nein, den habe ich nicht, ich praktiziere Aikido bisher nur nach Büchern und Videos.« »Doch, du hast einen schwarzen Gürtel«, sagte er dann. »Ich habe einen schwarzen Gürtel, aber in Karate.« Darauf antwortete er: »So, wie du gehst, hast du einen schwarzen Gürtel«.

Damit hat er mich sozusagen erobert! - Das anschließende Training gefiel mir sehr gut.

Zu dieser Zeit hat Sensei George Raicu aus Bukarest die Bewegung des Aikikai in Rumänien geleitet. Er kam dann ab März 1993 monatlich nach Cluj, um auch dort ein intensives Training zu leiten. Im Sommer kam dann Sensei Fujita, wie jedes Jahr, zu einem Sommerseminar nach Busteni. Er kam zweimal jährlich dorthin, um einen größeren Lehrgang abzuhalten.

Die Organisation von Sensei Raicu war von der Mitgliederzahl her gesehen nicht groß, aber auch nicht klein. Der Sinn der Lehrgänge von Fujita Sensei aber war, diese zu vergrößern; die teilnehmenden Dojos sollten wachsen, was ihre Größe und ihre Zahl betraf. Irgendwann gab es Missverständnisse zwischen Sensei Raicu und dem Sekretär von Fujita Sensei, Sensei Baccas, was zur Folge hatte, dass Fujita Sensei nicht mehr nach Rumänien kommen wollte. Wir haben dann eine aus vier Dojoleitern bestehende Delegation gewählt und sind zu einem Lehrgang von Fujita Sensei nach Holland gefahren. Wir erklären ihm dort, dass uns die politischen Querelen nicht interessierten, aber dass wir weiterhin Aikido praktizieren wollten. Wir fragten ihn, was wir tun müssten, damit dies auch weiterhin mit ihm möglich sei. So ist quasi die zweite Organisation in Rumänien entstanden, welche nicht die von heute ist, sie nannte sich Rumänischer Aikikai Verband. Präsident war der erste Schüler von G. Raicu, Mitu Nicolae, Vizepräsident war ich. Der Verband entwickelte sich gut, auch wegen der Unterstützung der Senseis Fujita und Baccas. Am ersten Dezember 2005 fand eine Sitzung dieser Organisiation statt, während der die Chefs der Filialen beschlossen, mich zum Vorsitzenden der Organisation zu ernennen, was ich aber ablehnte, zumal der amtierende Vorsitzende ein Freund von mir war. Ich gab jedoch zu bedenken, dass es nicht gut sei, mit dieser Struktur weiter zu existieren. 1998 hatte ich die rumänische Aikido Stiftung gegründet, welche eine der Gründungsorganisationen des Rumänischen Aikikai Verbandes war. Diese Stiftung ist auch eine »nonprofit-organisation«. Wegen meiner Ablehnung, den Präsidentenposten des Aikikai Verbandes anzunehmen, begaben sich alle Mitglieder des Aikikai, einschließlich des Präsidenten, in die Aikido Stiftung.

Meine Ablehnung, den Präsidentenposten anzunehmen, erfolgte aus einem einfachen Gründe, ich wollte nicht, dass Fujita Sensei den Eindruck gewann, ich sei nun auf einmal politisch interessiert.

Anlässlich eines Lehrganges von Fujita Sensei fuhr ich dann im Februar 2006 nach Budapest; dort erklärte ich ihm, dass in der Stiftung die gleichen Leute zusammen seien und dass sich nur der Name und die Struktur geändert hätten. Seine Antwort war einfach: »Ich habe einen Wandel erwartet, es ist gut so, wir sehen uns vom 14. Juli bis zum 20. Juli zum Sommerlehrgang.«


Wie lange war die Pause, in der Fujita Sensei nicht nach Rumänien kam?

Während der Zeit, als Sensei G. Raicu den Aikikai leitete, lehnte Fujita Sensei es im November ab zu kommen; wir gingen dann zu viert nach Holland … (rechnet kurz nach) das müsste 96 - 97 gewesen sein. Dann kam er im Juli darauf wieder nach Rumänien. Das ging gut bis kurz nach dem Juli 2005 – er lehnte es nun auch wieder aus dem gleichen Grunde ab zu kommen. Wieder hatte es ein Missverständnis zwischen dem folgenden Präsidenten und Sensei Baccas gegeben.

So wird Sensei Fujita nun nach dem Ableben von Baccas Sensei alleine nach Rumänien kommen.

Das ist die heutige Situation des Aikikai in Rumänien.


Aber er wird auch nach Bulgarien eingeladen, oder habe ich das missverstanden?

Er fährt nach Bulgarien, Jugoslawien und Russland. In Russland laden ihn mehrere Republiken ein. Vor zwei Jahren waren wir für einen Monat in Japan im Honbu Dojo, dort gibt es im März/April immer einen Embukai, und Fujita Sensei hatte die Vertreter der Staaten, die ihn eingeladen hatten, gebeten, daran teilzunehmen. So waren sie alle vertreten und kamen aus Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, der Ukraine etc…
Dieses Jahr wird Fujita Sensei, da sein Sekretär Sensei Baccas nicht mehr lebt, nur nach Holland, Ungarn und Rumänien kommen. Er muss schnell einen Nachfolger finden, der seine Reisen organisiert. Zu den drei vorgenannten Ländern steht er in direktem Kontakt, deshalb haben wir diesbezüglich kein Problem. Auf seinen Reisen nach Russland wird ihn jetzt, soweit ich weiß, Sensei Pagano aus Italien begleiten. Sensei Pagano war erst im Februar während eines fünf Tage dauernden Trainings in Rumänien.

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