Patrick Bénézi Januar 2014 in Vincennes

Ich wollte Judo-Weltmeister werden


Patrick Bénézi während des Trainings - 1/01/2014

Wenn man auf Deine Webseite schaut, dann sieht man den Satz: „Eine Kampfkunst, eine Kunst zu Leben“ – was heißt das?




Das heißt, dass das Aikido eine Kampfkunst ist  [wir bekommen unsere Getränke serviert und Patrick sagt zum Kellner auf Deutsch: „Danke“. Dieser ist nicht auf den Mund gefallen und antwortet: „Hmm, das macht nichts“! – was bei jedem ein Lachen hervorruft.]

[…]
Das heißt, dass Aikido eine Lebenskunst ist, die man aber auf seine eigene Lebensweise übertragen muss. Was aber auch heißt, dass es nichts bringt, wenn man nur das technische Aikido lernt – man versucht natürlich immer mehr die Prinzipien des Aikidos in sein eigenes Leben zu integrieren und das sozusagen, zu seiner Lebensweise oder sogar zu seiner Lebensphilosophie zu machen. 

Ist das dein Beruf?

Ja. Natürlich, ich mache nur das, es ist mein Beruf.

Seit langem?

Ja, ich war vorher Judolehrer und dann bin ich zum Aikido gekommen und nun bin ich seit über 35 Jahren Aikido Lehrer.

Du hast das in Paris oder außerhalb erlernt?

Ja, in Paris. Ich habe erst Judo in einem Departement auf der „Île de France“ gelernt. Dann habe ich mit dem Aikido begonnen – am Anfang war ich in der Gruppe von André Nocquet, später habe ich Christian Tissier kennengelernt – dass hat meine gesamte Art und Weise, das Aikido zu sehen, verändert. Durch Christian wurde mir klar, dass ich das professionell betreiben will – dass ich es so ausführen muss, wie es Christian macht. Ich ließ mich voll und ganz darauf ein –nun sind es mehr als 35 Jahre.

Also ungefähr seit 1978.

Ja, Christian ist 1976 aus Japan zurückgekehrt, ja und 1983 wurde die FFAAA gegründet – wir haben gerade die 30 Jahre gefeiert.

Waren es 29 oder 30 Jahre, denn die 20 Jahresfeier war 2004.

Ja, damals gab es eine kleine Verschiebung – die Gründung war im September 1983, 2003 aber mussten wir um einige Monate verschieben, deshalb fand die Feier 2004 statt.

Was ist denn der Unterschied zwischen Judo und Aikido für Dich und was machte es aus, dass Du Aikido zu Deinem Beruf wähltest?

Der größte Unterschied ist der Wettkampf. Am Anfang lernte ich Judo, um Weltmeister im Judo zu werden, zumindest dachte ich das – denn wenn man jung ist …, dann denkt man nur daran. Titel, Pokale und Grade!
Ich habe sehr lange Judo unterrichtet, mir wurde dann aber klar, dass der Judounterricht sich nur an den Kindern orientiert. Was durch heutige Informationstechniken klarer ersichtlich ist, denn der Judoverband hat 680‘000 Kinder und 20‘000 erwachsene Mitglieder. Für Kinder ist das was ganz Tolles – dazu hat es auch noch etwas mit Erziehung zu tun. Aber mit den Kindern einen technischen Aspekt zu erarbeiten ist äußerst schwierig – ich wollte viel lieber mit Erwachsenen arbeiten …
Mir wurde dann klar, dass ich nie Judo-Weltmeister werden würde – da ich viel zu spät damit begonnen hatte. Deshalb ging ich mehr und mehr in den Aikido Unterricht – Aikido wurde mir vertrauter – so habe ich mehrere Jahre parallel Judo und Aikido gelernt und unterrichtet. Irgendwann war es nur noch Aikido. Um zu lernen habe ich täglich drei bis fünf Stunden auf den Tatamis verbracht. Dazu kamen noch die Lehrgänge, die zu der damaligen Zeit noch an zwei Tagen, mit je sechs Stunden stattfanden. Dazu noch die unzähligen Demonstrationen als Uke für Christian Tissier. Auf diese Art habe ich nach und nach meine Kenntnisse vertieft. So ist es gekommen, dass ich der jüngste siebte Dan in Frankreich bin – und das schon seit einiger Zeit, eben seit 2008. Auch bin ich dieses Jahr vom Aikikai zum siebten Dan, mit dem Titel Shihan, ernannt worden. Wir haben nun vier Shihan in unserem Verband, das sind Christian Tissier – der seit sehr langer Zeit Shihan ist – und seit Dezember 2013 sind Frank Noël, Bernhard Palmier und ich selbst Shihan. Es ist nicht sehr wichtig, aber trotzdem ist es eine Anerkennung – zumindest in meinen Augen.

Du trägst aber noch kein Schild an Deiner Brust, mit dem Titel Shihan.

Nein, wir haben weder die Urkunde zum siebten Dan, noch die zum Shihan, aus Japan erhalten, auch ist bisher kein Schild eingetroffen, dass an die geschwellte Brust geheftet werden könnte. (lacht) Aber es wird bald kommen.

Ich denke, dass das Judo das Problem des Wettkampfes birgt, was für junge Leute irgendwann uninteressant wird. So geht für die Meisten das Interesse mit spätestens 15 oder 16 Jahren verloren.

Ja, das stimmt, aber gleichzeitig – heute, mit dem zeitlichen Abstand betrachtet – möchte ich sagen, dass der Wettkampf eine wichtige Rolle spielt.
Wir sprachen eben über die Lebensart, und im täglichen Leben, befinden wir uns permanent im Kampf, sind wir ständig damit konfrontiert. Das Ziel im Judo ist es ja nicht, die Kinder auf den Kampf vorzubereiten, aber gleichzeitig gibt das für die Kinder einen anderen Sinn. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich vor dem Aikido das Judo mit seinem Wettkampf erfahren durfte. Es gibt heute sogar hoch Graduierte, die in ihrem Leben niemals einen Wettkampf bestreiten mussten oder konnten. Diese sagen, dass sie keinen Wettkampf machen, aber auf eine andere Weise, diesen im Aikido ausführen. Der Wettkampf gibt einen unterschiedlichen Esprit, der auch seine geistige Komponente hat.


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