Liebe Leserinnen und Leser,

Der 13. November d. Jahres weckte einige Erinnerungen. Obwohl es Jahre her ist, erinnere ich mich, dass mich Thorsten, ein Leser des AJ, nach Brüssel einlud. Thorsten ist Deutscher war aber in Brüssel verheiratet und bot mir an, einige Interview-Partner für das AJ zu suchen. So lernte ich ein wenig Brüssel kennen und hatte einige interessante Gespräche … die Interviews erschienen, wenn ich mich richtig erinnere, in der französischen Version des AJ. Es blieb ein loser schriftlicher Kontakt mit Thorsten.

2010 führte mich meine Interview-Reise wieder nach Belgien – Thorsten wohnte nicht mehr in Brüssel, machte kein Aikido mehr und war auch mit einer anderen Frau verheiratet und die Interview-Partner hatte ich mir dieses Mal selbst ausgesucht. Aber ich war wieder bei Thorsten eingeladen. Als ich dort ankam und unweit seiner Wohnung ein Parkplatz ergatterte, verwunderten mich uniformierte Radfahrer, die scheinbar eine Choreografie mit ihren Fahrrädern vollzogen. Bis ich bemerkte, dass die drei Polizisten acht Jugendliche mit einer dunkleren Hautfarbe einkreisten. Ich nahm meine Fotoausrüstung und suchte die Wohnung von Thorsten. Dort erfuhr ich später, dass man in Belgien gerade eine neue Eingreiftruppe auf Fahrrädern eingeführt hatte – weil man schon damals versuchte der Einwandererschar Herr zu werden.
Als ich am zweiten Tag meinem Interview-Partner Herr Warlet aufsuchen wollte, sagte mir Thorsten, fahre doch auf dem Rückweg durch Liège (Lüttich). Meine Frage nach dem Warum, sagte er, mache es einfach, es ist kein Umweg …
Also fuhr ich gegen zirka 13Uhr durch Liège – ich war überrascht, denn ich sah nur islamische Menschen (wegen der Kopftücher nahm ich das jedenfalls an) fast ausnahmslos mit Kinderwagen und Männern … Alle haben Mittagszeit dachte ich… und fuhr aber weiter nach Namur, weil ich am Nachmittag einen Stage mit Michel Bécart besuchen wollte. Kaum in der Wohnung angekommen fragte mich Thorsten: „Was meinst du zu Liège“? „Ich weiß nicht, meintest du die Unmenge Ausländer?“ Ja sagte er mir, ist das nicht verrückt, die Stadt ich voll in Hand der Ausländer – du findest kaum noch Belgier dort.
Nun ich wunderte mich, vergaß es aber auch wieder.
Jetzt am 14. November fiel mir das alles wieder ein, als in den Medien von Molenbeek/Brüssel auf einmal die Rede war und dass der Ursprung des Anschlages in Paris von dort gekommen sein soll.
Mit anderen Worten,  2010 reagierte der Belgische Staat auf sicherlich jahrelange Ungereimtheiten, mit einer neuen Polizeiform – 1500 neue eingestellte Polizisten sollen es gewesen sein.
Nun 2015 ist es, wenn man Molenbeek anschaut, sichtbar nicht besser geworden.
Was aber nutzt die Erkenntnis denen, die Verwandte, Freunde oder Arbeitskollegen verloren haben – ich kann ein Krankheit, die ich nicht habe, auch wenn sie mir expliziert beschrieben wird, nicht spüren, nicht nachvollziehen – Mitleid vielleicht. Auch Traurigkeit nutzt niemanden. Was könnte man nur sagen, nach den Ereignissen des 13. Novembers?

Wenn man ein Dojo betritt um zu trainieren, ist man eigentlich seit dem Moment des Entschlusses, sprich auf dem Weg dorthin am Reinigen des Kopfes, in der Umkleide legt man nicht nur die Kleidung und die Schuhe ab, auch den Alltag lässt man spätestens jetzt „draußen“ – vielleicht bei Ausnahmen,  bei dem Taiso. Um dann den Aikido-Alltag aufnehmen zu können.
Unser Alltag geht weiter, ob mir das gefällt, oder nicht – Irimi. Budo …!


Wir hoffen, dass Ihnen die vorliegende Ausgabe Freude bereitet. Weitere interessante Themen, die in dieser Ausgabe aus Platzgründen nicht erscheinen können, finden Sie in der nächsten Ausgabe des AJ...
Für die bevorstehende Feiertage und den Jahreswechsel wünschen wir Ihnen alle Ruhe und Freude – ein rundes Ukemi in das bevorstehende 2016.

    Die  Mannschaft und Ihr
Horst Schwickerath

 

 

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