Blütenweiß

… den in der Sonne strahlenden weißen Keikogi (extra frisch gewaschen) und vor allem den dunklen Hakama …

Markus Hansen auf seinem Lieblingsbild.
Markus Hansen auf seinem Lieblingsbild.

Bei einer Sportveranstaltung beteiligen wir uns mit einer Aikido-Vorführung. Unzählige Stände verschiedener Sportvereine und Disziplinen sind vertreten. Alle wollen den Besucherströmen zeigen, wie toll es doch ist, bei ihnen mitzumachen. Zusammen mit anderen Aikido-Gruppen (verschiedener Richtungen wohlgemerkt) haben wir einen Info-Stand, tauschen nebenbei Ideen über Techniken und natürlich den neuesten Aikido-Tratsch aus.
Zur Mitgliederwerbung taugen diese Show-Veranstaltungen nicht. Seit Jahren stehen wir dort mit auf dem Programm, aber die neuen Gesichter kommen stets über andere Wege auf unsere Matte. Immerhin rückt Aikido so aber allgemein im Bewusstsein der Öffentlichkeit ein wenig auf den Schirm. Mit unseren Klamotten, den in der Sonne strahlenden weißen Keikogi (extra frisch gewaschen) und vor allem den dunklen Hakama, fallen wir jedenfalls zwischen Cheerleaderinnen, Leichtatlethen, Tanzpaaren und so weiter deutlich auf. Für die Berichterstattung werden wir ganz gern mal fotografiert.
Auf der Mattenfläche vor unserem Stand gibt es nicht nur Vorführungen, Interessenten können auch fix mal aus ihren Latschen schlüpfen und ein paar Aikido-Bewegungen unter Anleitung ausprobieren. Hauptsächlich Kinder nehmen dieses Angebot in Anspruch, während  Erwachsene lieber an den Stand kommen und sich etwas über unsere Kampfkunst erzählen lassen.
Ein Besucher steuert zielsicher auf mich zu. Er sucht keine Informationen, vermute ich, sondern er will mir wohl eher etwas andrehen. Denn der Mann fällt auf zwischen den sonstigen Besuchern, die in eher legerer Kleidung und das ein oder andere Eis schleckend unterwegs sind: Sakko, Schlips und Aktenkoffer fallen hier nunmal aus dem Rahmen.
Kleider machen Leute, heißt es. Die Kleidung der Leute, denen wir begegnen, verleitet uns dazu, Annahmen darüber zu treffen, was für Menschen das sind, denen wir begegnen. Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes haben wir – bewusst oder unbewusst – eine innere Erwartungshaltung, wie sie auf uns zugehen und mit uns umgehen werden. Auch unser eigenes Auftreten diesen Personen gegenüber wird bereits beeinflusst, bevor die ersten Worte gewechselt werden.
Gleich und gleich gesellt sich gern, lautet ein weiteres geflügeltes Wort. Und tatsächlich gehen wir aufgeschlossener auf Menschen zu, bei denen wir Ähnlichkeiten im äußeren Erscheinungsbild und im Auftreten ausmachen können. Den umgekerten Effekt gibt es ebenso: Personen, die in Optik und Habitus an Menschen erinnern, mit denen wir schlechte Erfahrungen gemacht oder denen gegenüber wir einfach Vorurteile haben, begegnen wir eher zurückhaltend.
Im Aikido habe ich schon die unterschiedlichsten Menschen kennen und schätzen gelernt. Ich gehe davon aus, dass Keikogi und Hakama ihren Teil dazu beigetragen haben, ebenso der Umstand, dass wir auf der Matte nicht viel sprechen. Wenn man sich, etwa bei einem Lehrgang, erstmals mit einer bisher unbekannten Person – im Wortsinne übrigens – befasst, tragen ganz andere Umstände dazu bei, ob man einen Draht zueinander entwickelt oder nicht, als Klamotten, Make-Up oder was man so zu erzählen hat. Die äußeren Faktoren, die uns von den anderen auf der Matte unterscheiden, sind deutlich reduziert – Frisur und Geruch fallen mir noch ein, alles andere sollte die Uniformität unserer Kleidung beiseite geschoben haben.
Viel relevanter dafür, ob man nach der Übungsfolge mit einem positiven Eindruck wieder auseinander geht, ist, ob man sich in den Händen der anderen Person gut aufgehoben gefühlt hat. Damit meine ich nicht, ob eine Technik nun mit möglichst hoher Perfektion ausgeführt wurde. Das ist ja ohnehin eher selten. Aber auch Aikidoka am Anfang ihres Weges können einen ganz positiv berühren, selbst wenn sie an ihrer Technik noch ordentlich zu arbeiten haben. Man merkt instinktiv, ob man den eigenen Körper dem Gegenüber anvertrauen mag oder nicht.
Wer sich bereits derart mit einem guten Gefühl begegnet ist, geht meist auch nach dem Training offener aufeinander zu. Ich habe schon oft beobachtet, wie Aikido Menschen zusammengeführt

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