TOGISHI - Bernhard Wardein Teil 2

… wir hatten ein tolles Gespräch mit einem über 80-jährigen Meister, der sprach darüber, wie er heute ein Kamiza sieht …


Bernhard Wardein während des Interviews.

…]
Bei Bruno Gonzalez sieht man extrem die Beziehung zwischen der schneidenden- und der Aikido-Bewegung – erst dadurch wird die Logik verstanden. Allein von daher ist das Schwert extrem wichtig. 
Ich denke, dass das Aikido die unbewaffnete Art der späteren Edo-Zeit übernahm. Die Samurai, die sich hauptsächlich mit Schwertern beschäftigten, mussten relativ schnell auf eine unbewaffnete Art „umgeleitet“ werden. Dabei fand man wohl eine Art, die de-eskalierend mit den bewaffneten Konflikten umgehen konnte, in dem man die bekannten Schwertbewegungen übernahm. Man musste ja auch darauf achten, Sanktionen zu vermeiden.
Die Assoziation von den aus dem Schwert bekannten Bewegungen, auf Hebel- und Wurfbewegungen zu kommen, finde ich so genial am Aikido – diese Simplifizierung.

Der Waffengebrauch war im Honbu Dojo unter Osensei nicht erlaubt?

B. Wardein: Warum das getrennt wurde, was er in Iwama übte, dies aber im Honbu Dojo nicht erlaubt war, das bleibt mystisch – dies ist anhaltend geblieben, es hat sich etabliert.

Daraus konnte Saito Sensei seine Geschichte aufbauen, die nichts mit Osensei zu tun hat.

Natürlich nicht, aber Osensei wird ja oft auf Bildern gezeigt wo er mit Jo und Bokken übt – man kann nicht sagen, er habe es nicht bemacht. Ich empfinde sogar, dass das Timing welches Osensei hatte, viel eher sichtbar wird, wenn er mit dem Schwert angegriffen wurde und auch wenn er ein Schwert führte. Sprich besser anzusehen. Man muss bei den Handtechniken mehr interpretieren, als bei der offensichtlicheren Schwertarbeit. Aber beurteilen kann man diese Szenen nicht – es sind nur kurz Filme, die man nicht spüren kann, nur sieht.

Man kann schnell in einer Sackgasse enden, wenn man solche Stufen zu vertiefen versucht und den Blick auf die Gesamtheit verliert. Ich kann mir vorstellen, dass es in einiger Zeit Entwicklungen geben wird, die nicht mehr kompatibel sein werden. Der Mensch nimmt verschieden auf, man sieht das sehr schön bei den Schülern, die Gleiches sehen, aber verschieden reagieren – diese Aufnahme entwickelt sich zu einer großen Kreativität.

Brigitte Prassek: … finde ich viel schöner als die Kopisten, die es genau kopieren, bis auf das I Tüpfelchen.

B. W.: … es wird ja nie eine exakte Kopie, die Persönlichkeit kommt immer mit hinein, oder wie der eigene Körper etwas umsetzen kann. Bruno Gonzalez sagte einmal, dass jemand nach 10 Jahren glaubt, dies sei seine Entdeckung – aber es ist sein Lehrer der ihm seit 10 Jahren sagt … Es gehört dazu, das man Dinge für sich entdeckt und zu seinen eigenen macht. Es ist eine Spieglung des gehörten und die eigene Entdeckung.
[…]
Mein Weg ging vom Schwert – Iaido – zum Aikido. Als ich den ersten Shiho-nage sah, war mir dieser Ablauf so einleuchtend, klar und logisch – das konnte gar nicht anders gehen. Diesen Bezug bin ich nicht losgeworden.

B. P.: Man muss sich bei uns nur umschauen. (lacht)
[Anm. d. Red.: Die Wohnung ist mit Waffen gepflastert]

B. W.: Iai-do kann ich jetzt, wegen meiner Knie, nicht mehr so viel machen – ich muss mir das noch Vorhandene für das Aikido aufheben …
[es wird Tee und Kaffee gereicht …]
Ich halte die Waffen, um die Bewegungen zu erlernen, für wunderbar. So kommt man von dem mittelbaren klaren Arbeiten weg, hin zu einem leichten Arbeiten. So arbeiten wir mit imaginären Partnern, wo Uke versucht, nicht getroffen zu werden. Den Kopf wegnehmen um nicht getroffen zu werden, und nicht warten bis dieser „abgetrennt wird“ – eben einer Logik folgend, dass Uke auch in der Logik geschult wird.
Das übermäßige Blockieren im Aikido finde ich nicht so schön, darin sehe ich den Lerneffekt als sehr gering an.

… aber aus dieser Situation ohne Kraft heraus zukommen, das ist doch eines der essenziellen Dinge im Aikido.

… ein Mitgehen ja, aber in einer flüssigeren Form, o.k. Denn da einzufrieren, wenn man den nächsten Atemi schon wieder vor dem Gesicht stehen hat …

… noch einmal zurück zu dem Shiho-nage – der wird doch zu 95% verlängert und nicht „herunter“ geführt.

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