Nobuyoshi Tamura Sensei, Staint Maximin la Stainte Baume. Erste Gespräch 1999. Teil 1.

...bei Tennis im »Euro-Sport-Kanal« Der Meister lebt wie jeder andere in seinem Alter auch...!


Tamura Sensei ließt Aikidojournal.

»Herr Tamura, wie alt sind sie jetzt?«

»Ohh, ich bin 65 Jahre.«


»Und noch nicht im Ruhestand?«

»Ohh, ich würde gerne.«


»Seit wann machen Sie Aikido?«

»Aikido, nun 40, nein mindestens 45 Jahre.«


»Also, haben Sie mit 20 Jahren mit Aikido begonnen?«

»Oh, nein viel jünger.«


»Haben Sie vor Aikido schon andere Budoarten praktiziert?«

»Oh ja, in Japan machte man immer irgendwas. In dieser Epoche machte man Judo, Kendo. Das war sozusagen obligatorisch.«


»Wo haben Sie mit Aikido begonnen?«

»In Tokyo. In dieser Epoche bin ich nach Tokyo gegangen und einer meiner Kameraden begann mit Aikido. Also fragten wir, was ist das, wie geht das. Danach also, später, bin ich dann zum Aikikai gekommen.«


»Sie hatten ja Erfahrung in Kendo und Judo. Können Sie sich noch erinnern, wie der Anfang im Aikido war? Fühlten Sie sogleich, das ist mein Weg?«

»Viel später kam das. Ich machte ja Judo in dieser Zeit, das war ja sehr weich und Aikido war doch ein wenig was spezielles, diese Griffe und Hebel.«


»Haben Sie dann mit Judo und Kendo aufgehört?«

»Später, ja. Aber erst als ich Uche Dechi wurde, da habe ich mit Judo aufgehört. Das war, ich glaube 1954. Genau weiss ich es nicht mehr.«


»Wissen Sie noch, mit wem Sie Aikido angefangen haben?«

»Oh, ja. Aber das ist irgendwie alles vergessen, das Alter, heeh? (lange Überlegungspause)...

...in dieser Epoche?! Ja, da war Yamaguchi, der ja jetzt leider im vergangenem Jahr gestorben ist. Mit Kobayashi, Hirokazu Kobayashi, der ja leider ebenfalls verstorben ist – in diesem Jahr – ja! Das ist so...
...Meister Tada war auch da. Harikawa. Ja – das ist schon ganz schön lange her!«


»Tohei?«

»Nein, Meister Tohei, der war schon damals aktiv im Ausland Hawaii und im Rest der Welt.

Ich habe erst viel später als Aikikailehrer Kurse gegeben.«


»Als Sie Uschi Deshi wurden, hat sich da für Sie etwas verändert?«

»Nein, nein, also, im Aikikai Uschi Deshi zu sein, das war, um was zum Schlafen und zum Essen zu haben, verstehen Sie? Das hat mich interessiert.«


»Kein Aikido?«

»Aikido, ja natürlich, aber... . In der Epoche, da hat mich Meister Yamaguchi gefragt, in seinem Haus aufzupassen, das war in Kushu, das war weit, aber jemand musste sich ja darum kümmern, es gab Reis, ich war zufrieden – gegenüber dem was ich im Aikikai gehabt hätte. Er reibt sich den Bauch. Nur, dann hat er geheiratet – oder ein Kind bekommen!?«

Nein! Er hat geheiratet, wirft Frau Tamura ein.

»Nun, dann wurde es eng, als er mit seiner Frau ankam. Da hatte ich keinen Platz mehr. Da war ich in Schwierigkeiten. Er meinte ich sollte zu Aikikai gehen, "Aber das kostet Geld". Nein, nicht bezahlen, als Uschi Deshi". "Ach so, nicht bezahlen". So hat er mich in den Aikikai gebracht und ich musste nichts bezahlen und hatte auch wieder etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf. Ja, und dann bin ich nicht mehr raus gekommen.«


»Wieviel Jahre sind Sie im Aikikai geblieben?«

»Ungefähr 10 Jahre. Vielleicht weniger, nein. Am Ende habe ich dann geheiratet.«


»Sie sind jetzt 33 Jahre hier?«

»Nein, 35 Jahre.« 34 Jahre, wirft Frau Tamura ein. Bald 35 Jahre.


»Sind Sie dann nach Frankreich gekommen, weil Ihre Frau mal gerne an einem französischen Konservatorium Klavier spielen wollte?«

»Nein, nein sie spielt Violine. Sie hat weiterhin Violine gespielt und ich habe Aikido unterrichtet.«


»Was war die ursprüngliche Idee. Sind Sie nach Frankreich gekommen, um Frankreich zu besuchen oder um Aikido zu unterrichten?«

»Ich wollte gerne ein anderes Land besuchen, mit der Möglichkeit Aikido zu unterrichten, nichts Halbes, verstehen Sie. Sie müssen sich vorstellen, nach dem 2. Weltkrieg war es für uns Japaner nicht möglich, das Land zu verlassen. Wir konnten nicht raus! Dann, als es möglich war, sind wir alle losgerannt, alle jungen sind losgerannt, „Yamada, Chiba, Kanaï etc.". In dieser Zeit sind alle rausgegangen. Aber, das war das eine, rausgehen ist ja gut, aber man muss auch was tun. Also war Aikido eine Möglichkeit, die Möglichkeit schlechthin.

Diese Zeit, mit dem Keikogi, und die Welt, die sich öffnet! Ein bisschen verrückt, aber so war es nun mal. Wir waren eben jung.«


»Danach waren Sie aber Verantwortlicher für das Aikido in Europa. Wie sind Sie das geworden?«

»Ja. Ja, also Verantwortlicher ist ein grosses Wort, in dieser Zeit war niemand da. Es ist eben so, die Japaner haben das Aikido hergebracht. Aikido ist etwas Traditionelles in Japan. Also ist es normal, da ich Aikidolehrer bin, dass ich mich verantwortlich fühlte, das japanische Aikido in Europa zu vertreten. Also, ich spreche für mich – ich bitte Sie.«


»War nicht Noro auch zu dieser Zeit hier?«

» Ja, das ist auch ein Freund von mir. Er war schon ein oder zwei Jahre vorher da. Er hat mich gefragt, ich solle nach Paris kommen, er wollte ein Dojo in Paris eröffnen. Also, er ist ein wenig so: „Komm nach Paris, ich eröffne ein Dojo..." – und ich: „einverstanden ich komme". Also, bin ich nach Paris, und...! „Nein, noch nicht eröffnet" !? Tja, so ist er.«

»Meister Nakazono war doch auch hier?«

»Meister Nakazono hüpfte in Singapur, Saigon, in der Kante der Welt herum. Dann ist er nach Frankreich gekommen. Also, er ist auch nach Japan gekommen und dort hatten wir unseren ersten Kontakt. Um das Billet für das Schiff zu bezahlen, hat er Tombola und solche Dinge organisiert. Der war immer sehr lustig, Mann oh Mann.«
»Sie sagen zwar, es sei "ein grosses Wort", der Verantwortliche für Europa zu sein, letztendlich waren Sie doch der Beauftragte des Aikikais für Europa?«

»Ja, ja. Schon. Ja, ich war der Älteste.

Global läuft es schon ganz gut, Frankreich ist ja gross und ein Teil von Europa.

Ja und jetzt das ganze Osteuropa. Interessant sind auch die USA und Afrika. Es ist nicht mehr isoliert, wie früher.
Es ist dicht am AIKI.

Die östlichen Staaten, die ich jetzt kontaktiere – die sind sehr, sehr interessant für mich.«


»Nun, es gibt aber überall sehr viele verschiedene Gruppen und Verbände. Egal, wo man hinschaut. Ob das in Deutschland ist oder in Frankreich. Es sieht nicht sehr »AIKI-haft« aus!«

»Ja, man muss das so sehen, dass man, wenn man jung ist, versucht, unabhängig zu werden. Dafür muss dann eben viel lernen. Wenn man jung ist, dann geht man seinen Weg, meistens geradeaus. Stur, mit Kraft.

Das habe ich auch gemacht, das macht jeder. Wenn man da nicht aufpasst, kommt man schnell mit jemandem quer. Dann gibt es eine Kollision, da überschneiden sich die Wege. Aber irgendwann ist so etwas

wie Weihnachten, oder wie wenn jemand stirbt. Da kommt die ganze Familie zusammen. Man ist halt zu strikt, wenn man jung ist, und dann entstehen viele Probleme.

Man denkt, dass das was man macht die reine, einzige Wahrheit ist, dass das, was andere machen nicht gut ist. Das ist bisher so gewesen.

Das ist auch in der Gesellschaft so, so sind wir gross geworden. Mit dieser Regel. Jetzt sind wir gezwungen, das zu ändern, wir sind jetzt im 19. Jahrhundert und die Erde ist nicht sehr gross.

Es ist nicht mehr ausreichend Platz für solche Gedanken. Wir sind gezwungen, das System und das Leben etwas zu ändern. Sonst gibt es keinen Platz mehr.«

»Vor allem, weil wir von AIKI und AIKIDO sprechen! Wir müssten ja die Ersten sein, die das verstehen sollten.«

»Genau das ist Aikido, alle zu akzeptieren – das ist Aikido. Wir werden mehr und mehr dazu gezwungen. Wir haben irgendwann keine Wahl mehr, deshalb sollten wir schon jetzt anfangen, das auszuführen, was wir seit Jahren üben.

Wenn nicht aufgehört wird, mit dem sich "bekämpfen", dann ist das nicht ernsthaft. Wenn ich mein Aikido durchsetzen will, dann verbreite ich keine Harmonie. Daraus entstehen höchstens Abspaltungen, mehr und mehr. Es wird eine eigene Konkurrenz geschaffen, das ist ein Kreislauf. Das ist die menschliche Seite, die müssen wir überwinden.«


»Technik! Hat sich in der Technik, im Aikdo viel geändert, nach dem Krieg?«

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