Igor Shmygin, der Präsident des Ukrainischen Aikikai - 2010.

Dieses Gespräch führen wir in Cluj-Napoca, anlässlich der Dojoeröffnung.

Igor Shmygin leitet einen Stage in Kharkov.
Igor Shmygin leitet einen Stage in Kharkov.

Erinnern Sie sich noch, wann Sie mit Aikido angefangen haben und warum?

Ich begann 1974 in der damaligen Sowjetunion. Zu dieser Zeit waren Martial Arts wie Judo und Sambo verbreitet. Kennen Sie Sambo?

Nein.

Es gibt einige Unterschiede.
Ich war jung und dachte ich weiß alles, als ich klein war versuchten mich alle zu schlagen und zu verprügeln. So begann ich mit Judo und Sambo.

Als Student begann ich an der Universität in Leningrad ernsthaft mit Judo. Eines Tages sah ich einige koreanische Studenten, die mir unbekannte Bewegungen machten und ich fragte, was das sei. Es sei Aikido antworteten sie mir. Zu dieser Zeit war ich 17 Jahre alt.
Ich sagte Ihnen, dass ich diese Art der Bewegungen für unmöglich halte.
Sie forderten mich auf, einen von ihnen angreifen und zu fangen.
Ich versuchte ihn zu fangen und er machte eine Aikido-Bewegung. Da realisierte ich, dass Aikido funktioniert. Ab diesem Moment begann ich mit Aikido-Unterricht.

Zu dieser Zeit war mein Vater beim Militär und in Syrien stationiert. Ich schrieb Briefe an meinen Vater, ob er für mich Bücher über Aikido finden kann. Darauf hin sendete er mir 2 oder 3 Bücher in arabischer Sprache.
Ich begann damit, die Bücher anzuschauen, konnte aber nicht verstehen, wie die Bewegungen ablaufen. Ich begann von hinten, und letztendlich haben mir die koreanischen Stundenten gezeigt, wie es funktioniert.

In einem privaten Dojo?

Es war die Zeit des Kommunismus in der Sowjetunion, daher war es im Sportcenter der Universität.

Wo fand Ihr Trainer zum Aikido?

In Korea. Die einen machten Hapkido, die anderen Aikido. Ich trainierte 3 Jahre mit ihnen Aikido. Danach beendete ich das Studium an der Universität in Leningrad und ging nach Kiew, um Arbeit zu finden. 1980 kam ich nach Kiew und 1990 gründete ich eine Aikido-Organisation. Die Jahre zwischen 1980 und 1990 waren am schwierigsten für mich.

Warum?

Da es in der Sowjetunion verboten war, Martial Arts zu betreiben. Man konnte genauso gut direkt ins Gefängnis gehen. Für Karate konnte man ebenso inhaftiert werden.
Ich sagte den Leuten, dass ich Aikido mache, kein Karate und sie fragten, was das sei. Ich antwortete, es sei eine aus mehreren Kampfkünsten zusammengesetzte Sportart.

Ich versuchte ihnen zu erklären wie es funktioniert und sie fragten, ob man sich ein Bein oder einen Arm brechen kann, wenn man fällt. Ich sagte, vielleicht ja.
Der Sportausschuss schrieb, dass Aikido ein gefährlicher Kampfsport ist, bei dem man sich verletzen kann. Nach 2 Tagen veröffentlichte das Sportkomitee ein englisches Schreiben, dass Aikido eine gefährliche Sportart ist, sowie fast alle Martial Arts und wenn man sie betreibt, kommt man ins Gefängnis.
Erst 1989, als die Sowjet Union zerbrach, konnten wir trainieren.

Vorher hatten sie keinen Trainer?

Nein, wir versuchten Bücher und Videos zu finden. Das erste professionelle Buch, das ich sah, war das Buch von Yoshimitsu Yamada. Es war auf einem Fotofilm. Als wir den Film auf Papier gedruckt haben, waren Hakama weiss und die Jacke schwarz, da der Film positiv und nicht negativ war. Wir konnten nicht begreifen, warum die Farben falsch herum waren.
1990 haben wir einen Aikido-Verein gegründet. Es war der erste offizielle Verein in der Sowjetunion. Danach schlug mir ein Freund aus Leningrad vor, einen Aikido-Verband zu gründen und das haben wir ihm dann gemeinsam getan.

Und wo haben sie Kontakt zu Shihan gefunden?

Bei Yasunari Kitaura in Spanien. Ich begann in Spanien Seminare zu besuchen. Kitaura Shihan war der erste, der mir half, den Verband zu gründen und auszubauen. Es war sehr schwierig mit dem Geld. Wir mussten uns Arbeit suchen und es war unmöglich nach Spanien zu ziehen, da es sehr teuer war.
Eines Tages erreichte mich ein Anruf aus Leningrad, dass Sensei Fujita nach Leningrad kommt und ich trainierte mit ihm. Die Prüfung absolvierte ich bei Yasunari Katauri.
Den dritten, vierten und fünften Dan habe ich bei Sensei Fujita gemacht.
Dieser hat 16 Jahre zuvor die Ukraine besucht und half dem Verband sich weiter zu entwickeln. Ich persönlich entwickelte mich auch weiter und besuchte alle Seminare bei ihm.
Viele Leute wussten nicht, welche Art Aikido man wählen sollte. Fuyita sagte, es sei jedem seine eigene Wahl.
Ich versammelte alle Lehrer in Kiew um mich und sagte ihnen, dass Fuyita in die Ukraine kommt, was jeder begrüßte.

Für mich ist Aikido mein Leben und Masatake Fujita ist ein Mensch und Freund, der darin einen ersten Platz einnimmt. Es ist schön wenn man jemanden trifft, der einem mit seinem offenen Herzen sein Wissen weitergibt.

Viel Zeit habe ich damit verbracht, die Stolpersteine, die uns das kommunistische System in den Weg legte, zu bekämpfen, denn ein Umgehen war nicht möglich – so hatten wir immer Probleme Lehrer, Übungsräume und Praktikanten zu finden, letztere gingen ja ein gewisses Risiko ein, wenn sie Interesse für Aikido entwickelten; daran anknüpfend, dieses Wissen weiter geben zu können. Heutzutage kennen viele Menschen Aikido, aber damals – njet.

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