Gespräch mit Jörg Hamel – 10 Jahre Dojo Düren

Ich bin mit unserem Jubiläum rundum zufrieden. Es war eine schöne Erfahrung für mich. Besonders beeindruckt hat mich der Einsatz meiner Schüler.


Jörg Hamel in seinem Dojo in Düren.

Jörg, ihr habt gerade Euer 10jähriges Dojofest in Düren gefeiert und zu diesem Anlass auch Meister Asai eingeladen. Ist die Feier gut verlaufen, bist Du zufrieden? Vielleicht kannst Du uns auch etwas über die Anfänge erzählen?

Ich bin mit unserem Jubiläum rundum zufrieden. Fast hundert Freunde und Weggefährten aus der Aikido-Welt haben mitgeübt und mitgefeiert. Selbst Meister Asai war von der guten Stimmung angesteckt und hat jeden Spass mitgemacht. Besonders beeindruckt hat mich der Einsatz meiner Schüler. Selbst die Finanzierung des Festes wurde von einigen Schülern komplett übernommen. Keiner meiner Schülerinnen und Schüler stand abseits, wenn es um die Übernahme von Arbeiten ging. Das war eine schöne Erfahrung für mich. Besonders gefreut hat mich natürlich auch, das Meister Asai zwei Tage mit dabei war und den Unterricht gegeben hat.

Der Anfang liegt eigentlich schon dreissig Jahre zurück. 1970 begann ich in meiner Heimatstadt Düren mit dem Judo. Irgendwann wechselte ich dann zum Tanzsport. Nachdem ich Düren verlassen hatte, um in Münster zu studieren, bekam ich über japanische Freunde Kontakt zum Aikido. Das Aikido begeisterte mich von Anfang an so sehr, dass ich intensiv zu trainieren begann. Das Diplom der Universität und den ersten Dan von Meister Asai bekam ich fast gleichzeitig im gleichen Monat des Jahres 1990. Beruflich verschlug es mich sofort wieder in die alte Heimatstadt. Jetzt musste ich zum Trainieren nach Aachen, Köln oder Düsseldorf fahren. Nach einem anstrengenden Arbeitstag war das nicht immer ganz einfach, so beschloss ich, in Düren Aikido zu machen und nahm Kontakt mit dem alten Judoverein auf, in dem ich schon als 9jähriger trainiert hatte. Nach anfänglicher Skepsis liess sich der damlige Vorsitzende auf das Experiment Aikido ein und das Training begann offiziell Anfang 1991.
War es nicht eine grosse Umstellung vom Aikidoübenden zum Aikidolehrer, vor allen, wenn man wie Du sagst, »im alten Joduverein« die ersten Stehversuche unternimmst?

Natürlich war es schwierig, im alten Judoverein als neuer Aikidolehrer anzufangen und das gleich aus mehreren Gründen. Zuerst einmal muss man sich mit allen Techniken ganz neu auseinandersetzen. Bewegungen, die man vorher wie selbstverständlich ausgeführt hat, müssen ganz neu analysiert werden. Schüler fragen wie etwas geht oder warum etwas bei ihnen nicht funktioniert. Man muss als Lehrer lernen, die Bewegung der Schüler und deren Fehler zu erkennen, um ihnen die richtige Hilfe geben zu können. Vorher spürte ich, wenn zwischen mir und meinem Partner etwas nicht stimmte. Als Lehrer muss man spüren, ob zwischen zwei externen Partnern etwas nicht ganz rund läuft und woran das liegt.

Ein weiteres Problem ist die Gründung einer Aikido-Gruppe nur mit Anfängern. Wenn niemand in der Lage ist zu fallen, niemand jemals eine Aikido-Bewegung gesehen hat, dann ist es schwierig den Schülern zu vermitteln, was Aikido ist. Aikido lebt nicht durch das Wort, sondern durch die Bewegung, meines Erachtens. Aber diese Durststrecke muss man in Kauf nehmen, wenn man ein Dojo gründet.

Auch war es nicht ganz einfach, den alten Judoka zu erklären, warum ich mit Aikido angefangen hatte. Als ich den alten Vorsitzenden fragte, ob ich bei ihm Aikido machen dürfe, fragte er mich, warum es denn gerade bei ihm sein müsse. Am Anfang kam mir sogar eine Art von Mitleid entgegen, dass ich nicht mehr Judo machte, sondern »nur noch« Aikido.

In so einer kleinen Stadt wie Düren hat man zu Beginn viele Neugierige unter den Schülern, Judoka, Karateka, Kung Fu-Schüler, etc. Sie alle wollen einen testen und haben eigentlich nur das eine Ziel, allen zu zeigen, das ihr System doch das Beste ist.

In dieser Zeit war ich froh, dass mich meine Freunde aus Münster tatkräftig mit einigen Besuchen auf der Matte unterstützt haben.

Eines Tages stand ein Jugendlicher am Mattenrand und beäugte interessiert das Training. Ich fragte ihn, ob er schon einmal Kontakt mit Aikido gehabt hätte. Er bejahte stolz meine Frage. Woher er denn Aikido kenne, fragte ich ihn zurück. Die Antwort erstaunte mich dann doch etwas. Er übe eigentlich Karate, erzählte er mir, aber sein Karatelehrer könne Aikido. Ich fragte, bei wem er es denn gelernt habe. Mein Gast berichtete über einen Freund seines Karatelehrers, der ein Buch über Aikido besässe...


Nun, so etwas ist auch schon im Aikido vor Jahren im Süddeutschen Raum vorgekommen, diese deutsche Gruppe hatte eben keinen Meister und musste sich »zwischendurch« so fortbilden. Aber lassen wir das, wie lange dauerte es, bis Du sagen konntest, jetzt habe ich wirklich Aikidointeressierte? Wie oft »durftest« Du denn die Judomatte in der Woche benützen?

Schwer zu sagen, wie lange es dauerte, bis ein fester Stamm an »Aikidointeressierten« aufgebaut war. Natürlich waren auch schon zu Beginn Schüler vorhanden, die nicht aus den vorher beschriebenen Gründen kamen, sondern nur wegen des Aikido. Es hat aber bestimmt ein halbes Jahr gedauert, bis man kein »vergleichendes« Aikido mehr zeigen musste.

Der Dürener Judoclub hat, wie vielleicht auch viele andere Vereine diesen Zuschnitts das Problem, kaum Erwachsene zu ihren Mitgliedern zu zählen. Das heisst, die Abendstunden sind meist nicht belegt. Wir haben dann erst einmal mit zwei Abenden begonnen. Es hat mir sehr geholfen, dass ich viele Jahre im hiesigen Judoverein trainiert hatte und als Jugendlicher in der Mannschaft den einen oder anderen Kampf für den Verein bestritten habe. Ansonsten wäre es auch mit den unterschiedlichen Verbänden, Deutscher Judo-Bund und Aikikai Deutschland, nicht so reibungslos gegangen. Mittlerweile ist es so, das die alten Kampfgefährten von früher, gemeinsam mit mir, den Verein führen und wir mit über 200 Mitgliedern eine gesunde Basis für die Zukunft geschaffen haben.


Du bist nun auch im Vorstand des Dürener Vereins und wieviel der »über 200 Mitglieder« entfallen aus die Aikidogruppe ?

Der Anteil der Aikido-Übenden beträgt im Moment etwa 70 Personen. In Zeiten knapper Kassen überall, ist es hilfreich den Kostenblock auf viele Schultern zu verteilen. Als ich mit etwa 10 Schülern begann, hätte ich mir keinen eigenen Trainingsort leisten können. Durch die grosse Mitgliederzahl ist es uns möglich ein Dojo nur für unsere Belange zu finanzieren.


Was hast Du unternommen, um Dich weiter- zubilden?

Es ist nicht immer ganz einfach als jungvermählter Familienvater mit zuerst einem, dann zwei Söhnen und einer beruflichen Tätigkeit, die nicht immer pünktlich endet, sich im Aikido weiterzubilden, vor allem, wenn man bereits an mehreren Abenden in der Woche unterrichtet. Wenn ich es irgendwie einrichten konnte habe ich bei Helmut Weiss in Aachen, Klaus Petermann in Niederkassel oder auch bei Meister Asai in Düsseldorf trainiert. Natürlich versucht man auch regelmässig an Wochenendlehrgängen teilzunehmen, z.B. bei Meister Tada, Meister Asai, Meister Ikeda, Meister Hatayama etc.

Zusätzlich habe ich immer versucht, das Aikido mit anderen Bereichen zu verknüpfen, um dadurch meine Beziehung zum Aikido anders zu beleuchten. Ich habe z.B. mit Feldenkrais-Lehrern zusammengearbeitet oder mit meiner Gruppe ein Ballett aufgeführt, das von einem meiner Schüler komponiert wurde und mit einer Choreografin »aikidomässig« inszeniert wurde. Ich arbeite viel mit Schauspielern, wodurch sich auch neue Aspekte ergeben. Da ich auch am Verbandsorgan des Aikikai mitarbeite, beschäftige ich mich zudem auch verbal mit dem Thema Aikido.

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