Georg Gallati aus Luzern

In der Kalligraphie beginnt man an einem ausgewählten Punkt den Pinsel zu senken …


Georg Gallati während unserem Gespräch in seinem Büro in Luzern.

Vor mir sitzt ein bärtiger, eher hagerer Mann, der in Luzern einen „Kleinbetrieb“ innehat. Der Mitarbeiterstab dieses Installationsbetriebes umfasst „nur“ über 60 Menschen. Für diesen Betrieb, wie für sein Leben hat Georg Gallati eine Lebensphilosophie entwickelt – diese gewann er aus der Kalligraphie: „Man beginnt den Pinsel an einem ausgewählten Punkt zu senken und führt dann Strich zügig bis zu seinem klar definierten Ende“. Seine Affinität „zum Japanischen“ begann schon lange bevor er das Wort Aikido kannte, während seines Studiums gestaltete Gallati die Mensa der Fachhochschule Luzern für den jährlichen Abschlussball in ein Japanisches Restaurant um. Das Gallati heute auch das Aikidotraining noch aufrecht erhalten kann, ist vor allem seiner Frau zu verdanken, denn sie teilt seine Leidenschaft für die japanische Kultur.
Trotzdem oder gerade deshalb drängt sich mir die Frage auf, warum er sich im Aikido wohlfühlt und wie dies begann. Gallati vermutet, dass das die Standardfrage sei und wirkt leicht verlegen. Er erklärt aber, dass im Fernsehen eine Vorführung ihn begeistert habe – kann aber nicht genau erklären warum, er vermutet, dass es die Bewegungen, die Sequenzen waren – die nicht speziell sanft waren, wie Georg Gallati es ausdrückt, da es eine Vorführung von Shioda [Yoshinkan] war… Später, 1974 in Zürich, sah er in der Tageszeitung eine miniatur-kleine Insertion zweier, mit Hakama bekleideter Menschen, dazu der Text: Einführungskurs im „Aiki-Kai Zürich“ (der bis 1971 dem Judoclub der Swissair zugehörte)– ein déjà vue setzte ein, er sah das Inserat und meldete sich an. So kam er zu Aikido – erklärt er lächelnd und wirkt bereits entspannter. Die Faszination sei nicht nur geblieben, sie habe sich mehr und mehr verstärkt – er hofft auf eine Fortsetzung, solange er sich bewegen kann – denn er sei nach wie vor von Aikido überzeugt, „was auch immer das ist“, und lacht ob seiner Worte.

So entweicht mir tatsächlich die eine Standardfrage: „Ist Aikido eine Kampfkunst“? Die Augenbrauen von Georg Gallati heben sich leicht, die Antwort kommt aber sofort, dass das alle sagen, ja behaupten würden – tatsächlich aber habe sich das Aikido von M. Ueshiba über die ganze Welt verbreitet und sei von seinen direkten Schülern in den einzelnen Ländern autonom weitergegeben worden. Gerade darin sieht er eine positive, erhaltende Einflussnahme der Verbreitung – „denn, wenn es eine reine Kampfkunst wäre, dann würden sicherlich viel weniger Menschen Freude am Aikido haben“.

Erhaltend klingt für mich nach „Traditionell“. Er nickt und erklärt, „wir sind etwas ambivalent“ – „damals, 1974 waren es ja erst wenige gewesen die am Training teilnahmen“, auch weiß er nicht mehr sicher, was für ein Aikido das war, welches Freddy Jacot und Hans Illi unterrichteten – vermutlich Tamura. Dazu kam, das er beruflich in der gesamten Schweiz unterwegs war und sich ab 1978 kein regelmäßiges Aikido mehr leisten konnte – die Firmengründung führte ihn nach Luzern. So war es 1981 wieder ein kleines Inserat, das ihn auf eine Dojoeröffnung, schräg gegenüber der Firma aufmerksam machte. So begann er in diesem Budocenter, nach drei jähriger Pause erneut die Tatami zu betreten. „Nach und nach“, er weiß aber nicht mehr wie es zustande kam, „kamen Nocquet, Saito, später Endo in ihr Dojo nach Luzern“. „Dann kam Ikeda in die Schweiz und unser Dojo trat 1985 der ‚ACSA’ bei“ – sie trainierten, wie die meisten intensiv mit Ikeda, der monatlich einmal nach Luzern kam, aber auch Kurt Bartholet, dem sie viel zu verdanken hatten, kam einmal pro Woche von Zürich nach Luzern, um in ihrem Dojo zu unterrichten – „durch Kurt kam es wahrscheinlich auch, das Saito (1987) und Endo (1994) in unser Dojo kamen“.
So legte Georg Gallati, 1988 auf einem Sommerlehrgang, im Schweizer Jura vor Ikeda seinen sho-Dan, ab.

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