Gespräch mit Augast Dragt aus Amsterdam.

...der Präsident des höllandischen Verbandes »NCAF« und weiterhin Präsident der »EAF« (es gibt »zwei«)!

August Dragt in seiner Wohnung in Amsterdam.
August Dragt in seiner Wohnung in Amsterdam.

August, auch Dir bleibt die Frage nach dem »wie, warum, wann und wo«-Aikido nicht erspart?

Das lässt sich schnell beantworten. 1985 kam ich mit Aikido in Kontakt. Als Kind spielte ich gerne Fussball. Da ich dachte, während meines Studiums keine Zeit für Teamsport zu haben, habe ich mich in vielen indivduellen Sportarten beschäftigt, aber Kampfsport kam für mich nicht in Frage – ...trainieren um jemanden zu verprügeln?

Eines Tages kam ein Freund und meinte, dass er »Aikido« trainiere, weil er so etwas gegen seine Rückenschmerzen tun könne. So betrat ich als Zuschauer erstmals ein Dojo. Dort gab »Erik Louw« gerade Schwertunterricht. Uke griff ihn an und flog immer wieder ohne Schwert zurück, bekam das Schwert mit der Bemerkung wieder, er sollte es nochmals probieren.

Mir gefiel, dass durch gewisses Üben der Angreifer mit seinem Tun allein blieb. Es lag an ihm, anzugreifen. So konnte ich mir vorstellen, einen Kampfsport auszuüben. Ich wurde Aikidoka, und trainierte von 1985–93 bei Peter Bacas. Dann trennte ich mich von Peter und eröffnete ein eigenes Dojo in Soest.

Seit ca. ‘96 reiste ich mehrmals in die Schweiz, um dort bei Ikeda Sensei zu trainieren. Vor zirka 18 Monaten hatte Ikeda Sensei eine Gehirnblutung und erkrankte, und könnte nicht mehr unterrichten, das beendete meine Reisen in der Schweiz. Dies ist meine kleine zusammengefasste Geschichte.


Warum gerade in die Schweiz und zu Ikeda Sensei?

Reiner Zufall! Ich lernte ihn und zwei seiner Assistenten während eines Kongresses in Sophia kennen.
Ich befreundete mich mit Michele Quaranta und Fritz Heuscher. So begann ich in die Schweiz zu fahren und war erfreut über das Training bei Ikeda Sensei, die Zusammenarbeit entwickelte sich.
Auch hatte ich das Gefühl, das Ikeda Sensei von den japanischen Meistern, die ich kennen lernte, der »Offenste« war. Ich erhoffte mir, dass es einen Ideenaustausch gäbe. Auch erfuhr ich meinen Ideen und Gedanken gegenüber einen grossen Respekt, so dachte ich mir, wäre der »Reise-Aufwand« lohnend.


Wie oft konntest Du diese Besuche durchführen?

Zu den fest geplanten Lehrgängen Weihnachten, Ostern und in den Sommerferien..., ausserdem, organisierte der Verband jährlich zwei Judansha-Stage.

So versuchte ich, von diesen sechs bis sieben Möglichkeiten drei bis fünf wahrzunehmen, eben so gut es ging. Im Dojo von Michele Quranta in Basel war Ikeda Sensei auch einmal im Jahr, an diesem Training versuchte ich auch immer teilzunehmen. Auch als Michele anfing, Sommerlehrgänge ich der Tschechei zu geben, reiste ich dort hin. Einen noch engeren Kontakt hatte ich zu Fritz Heuscher, dort trainierte ich und durfte auch dort wohnen.

Schlussendlich habe ich nach 5 Jahren meinen dritten Dan bei Ikeda Sensei abgelegt.


Dein eigenes Dojo ist wo?

Das ist ins Soest, ca. eine halbe Autostunde von Amsterdam entfernt. Dazu haben wir auch, seit eineinhalb Jahren mit drei Freunden in Amsterdam ein Dojo eröffnet.


Hattest Du Schwierigkeiten, Schüler zu finden? Wie ist es mit der Infrastruktur in Holland?

In Amsterdam war es nicht so schwer, wir haben von der Stadt eine Turnhalle gemietet, und es waren gleich 20 Interessierte zu Eröffnung anwesend. In Soest wurde ich in eine Sportschule eingeladen, dessen Besitzer Aikido anbieten wollte, so kamen auf Grund seiner Werbung, zehn oder zwölf Interessierte in die Schule. Mehr durften es aber auch nicht sein, weil der Raum relativ klein ist, und mit 14 bis 16 Personen sein Limit erreicht hat.

Wir werden jetzt mit der Schule in grössere Räumlichkeiten umziehen und ich hoffe, dass sich dann das ein wenig entwickeln kann. Es ist für Anfänger schwierig, wenn es zu voll ist, das beeinträchtigt ihre Konzentration, sie verlieren schnell die Freude und Lust am Training.


Wie bist Du zu der Ehre der Präsidentschaft gekommen?
Mein Lehrer erfuhr, dass ich Psychologe bin und fragte mich 1988, ob ich im Vorstand des Verbandes helfen könnte, weil sie dort Kommunikationsprobleme hätten. Schon ein Jahr später trat der damalige Präsident zurück und man fragte mich, ob ich diesen Posten übernehmen würde. So bin ich seit 1989 Präsident der »NCAF«.

Zu dieser Zeit bat mich Peter Bacas, der Generalsekretär in der »EAF« war, um Unterstützung. 1993 wurde die »EAF« in Holland als Verband angemeldet und unterlag somit dem holländischen Recht. Es stellte sich nämlich heraus dass die französische Verwaltung die Anmeldung bei einem französischen Gericht »verschlampt« hatte. (Sie war nirgends mehr aufzufinden, wahrscheinlich, waren sie nicht in deren Computer eingetragen worden.)

1995 hat der EAF eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die statuarische Probleme lösen sollte. Ich wurde Mitglied dieser Arbeitsgruppe. ‘97 wählte man mich zum Präsident der »EAF«.


Hast Du eigentlich noch Zeit fürs eigene Training?

Es ist schon etwas schwierig, aber am Dienstag, Donnerstag und am Samstag gebe ich Unterricht. Vorgesehen ist sonst am Dienstag eine Stunde für Fortgeschrittene. Diese wird monatlich abwechselnd von den vier Trainern geleitet. Während dieser Stunde kann ich dann selber trainieren. Zusätzlich bieten wir an den Wochenenden kleinere Stages an. Zu mehr reicht es leider nicht.
Hat die Präsidentschaftsaufgabe Deinen Blick fürs Aikido verändert?

Es hat sicher mein Bild geändert, ich war damals vierter Kyu, dann kurz darauf dritter Kyu und habe mich gewundert, wie wenig die damaligen Lehrer in der Lage waren, die Harmonie, von der immer die Sprache war, umzusetzen – vor allem auf der organisatorischen Ebene. Was zur Folge hatte, dass als 1993 die Probleme anfingen, ich mich fragte, wo trainierst du jetzt?

Ich musste erfahren, »dass sie nicht wirklich fähig waren, auch die philosophische Ebene des Aikidos durchzuführen«. Somit hat sich sicherlich mein Bild vom Aikido geändert.

Ich muss fairerweise jetzt sagen, dass ich das mit meinem ersten Lehrer nicht hatte, er hatte zwar einen sehr negativen Ruf, aber es waren oft Halbwahrheiten, und im Dojo gab er sich sehr viel Mühe mit allen Schülern. Es gab einmal eine kleine Auseinandersetzung mit einem anderen Vorstandsmitglied, auf die er sich eingelassen hat. Darauf sagte ich ihm: »das machen wir nie wieder so, sonst werde ich nicht in den Vorstand kommen«. Wie gesagt, das war einmal, dann nie mehr! Wir haben Jahre ohne Krach und Gezänke zusammen gearbeitet. Er hatte gute und weniger gute Seiten, wie jeder Mensch, aber sein Einsatz für die Schüler war vorbildlich.

Das Aikido an sich schafft auf dieser Ebene die Schwierigkeiten, weil es ja eine Philosophie gibt. Aber es gibt keine Unterrichtseinheit wie etwa: »Wie üben wir Harmonie in einem Vorstand«, »wie Verhalten wir uns, wenn Probleme auftreten«.

Auch vertrete ich die Auffassung, dass die Einstellung »üben, üben, üben«, also die körperliche Entwicklung vor allem, die geistige Entwicklung nicht genügend unterstützt.

Zwar kommt eine »moralische Entwicklung« mit der Zeit fast von alleine, aber trotzdem fehlt eine Schulung, diese auch im täglichen Leben auf den verschiedenen Ebenen durchzuführen. Das ist nicht die Schwierigkeit einzelner, das ist eine Beschränkung im Aikido und ein globales Problem.


Es fehlt die Ausbildung, ich prangere diese »üben, üben...-Methode« schon lange an, weil ich auch der Meinung bin, dass sie uns von den Feinheiten des Aikidos fernhält. Ich sehe höhere Dangrade die quasi stecken bleiben und anfangen wollen, sich zu spezialisieren, z.B. als Jo- oder Ken-Experte...

Ich denke, sie spüren diesen »Stop«, dieses »Vakuum«, finden aber keinen Eingang und auch keine Hilfe. Die Entwicklung stagniert.

Unsere Shihans haben das aus Japan auch nicht mitgebracht.

Ich denke, sie waren recht jung, als sie herkamen und eine solch spezielle Ausbildung gab es nicht. Ich glaube, in dem Alter hätte ich auch kein Interesse daran gehabt. Zudem sie ja hier relativ isoliert lebten und Sprachproblembewältigung an erster Stelle standen.

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